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04.12.2018

Allgemeines vom TSV Vaterstetten e.V.

Biberrundweg in Brannenbrug

von Karin Stammel

55plus - Wanderung am 23. November 2018

Die Biber ist ein Nagelfluh-Hügel in Degerndorf, einem Ortsteil von Brannenburg im Inntal. Die Wanderung führte durch die Fluren von Degerndorf.

Martin Fürbeck hat die Wandertour geleitet und sie als eine Nostalgie-Wanderung angelegt. An markanten Punkten entlang des Wegs hat Martin Geschichten aus seiner Kinderzeit in den 50/60er Jahren erzählt und auf die baulichen Veränderungen seit damals hingewiesen:

Die Wanderung begannen wir am Bahnhofsplatz in Brannenburg. Früher stand hier das Bahnhofshotel und der Bahnhof der Wendelsteinbahn, beides gibt es nicht mehr. Wir wanderten die Wendelsteinstraße aufwärts bis zur Rosenheimer Straße, vorbei an der Villa der Industriellenfamilie Steinbeis, der Erbauer der Wendelsteinbahn. Rechts der Wendelsteinstraße stehen heute Wohnhäuser, wo früher der „Radi-Franz“ seinen Gärtnereibetrieb hatte. Er soll, nach Aussage meines Vaters, die besten Radi weit und breit gezogen haben.

Wir überquerten dann die Rosenheimer Straße, sie ist die „Einkaufsmeile“ von Degerndorf, und gingen auf einem schönen Wanderweg, der auf den ehemaligen Geleisen der Wendelsteinbahn angelegt worden ist, den Kirchbach aufwärts. Der Kirchbach führt meistens in den Sommermonaten im Ortsbereich kein Wasser. Es versickert auf nicht geklärte Weise im Kiesbett des Baches, um dann nahe den Inn-Altwassern wieder an die Oberfläche hervorzutreten.

An der Mühlenstraße angekommen, sie führt zum Ortsteil Alt-Brannenburg hinüber, bogen wir links ab und dann gleich wiederum links ab in den Caspar-Filser-Weg. Hier steht auch die Villa des ehemaligen Professors der Kunstakademie München, Caspar Filser, ein berühmter Maler der Jahrhundertwende. Von hier aus hatten wir einen schönen Überblick über Milbing, den ältesten Ortsteil von Degerndorf. Hier lichtete sich plötzlich ein wenig der uns begleitende Hochnebel, so dass wir die Berge des Wendelsteinmassivs erkennen konnten und sahen auch die Biber sich aus dem Nebel schälen.

Wir wanderten den Caspar-Filser-Weg abwärts, das Schulzentrum von Degerndorf links liegen lassend, bis zum ehemaligen Ortsmittelpunkt von Degerndorf. Hier stehen sechs ehrwürdige alte Bauernhäuser, die wie in einem Bauerhofmuseum aufgereiht, schön anzuschauen sind. Nur zwei davon werden noch landwirtschaftlich genutzt.

Ab hier führt eine Steintreppe auf die Biber hinauf zum Biberrundweg. Der Biberrundweg ist ein mit Wurzeln und Steinen durchzogener Wandersteig, der sich ca. einen Kilometer am westlichen Felsabbruch der Biber entlang schlängelt. Der Wandersteig endet am Einlasstor zur Magdalenen Kapelle, einer alten Wallfahrtskapelle, die von einem Kreuzweg eingerahmt wird. Nach der Besichtigung stiegen wir eine Steintreppe abwärts, an einer ehemaligen Einsiedelei vorbei, bis zum Festplatz der Gemeinde Degerndorf. Hier finden in den Sommermonaten Waldfeste und Heimatabende für die Feriengäste statt.

An den aufsteigenden Felswänden sind Klettertouren zum Üben angelegt. Hier trainiert auch die Bergwacht von Degerndorf die Bergrettung aus Felswänden. Hier habe ich Klettern gelernt.

Weiter führte uns der Höhenweg abwärts, dann am unteren Rande des Biber-Abbruches wieder zurück zur Dorfmitte. Auf halber Strecke kamen wir an einem Felsen vorbei, aus dem vor langer Zeit Mühlsteine geschlagen worden sind, wie auf einer Hinweistafel nachzulesen ist. Von hier aus führt auch eine Steintreppe als Kreuzweg zur Magdalenen Kapelle hinauf.

Wir überquerten die Sudelfeldstraße und gingen die Kirchenstraße abwärts bis zur katholischen Kirche von Degerndorf. Auf dem Weg dorthin kamen wir am Schulzentrum von Degerndorf vorbei. Das Schulzentrum wurde auf den Wiesengründen des Höfer Pauli, einem Schulfreund von mir, erbaut. Es ist eine unrühmliche Geschichte, wie Pauli, mein Schulfreund, von der Gemeinde enteignet worden ist.

An der Kirche angekommen, erzählte ich die Geschichte von einer Wette, die ich 1958 gegen den Pauli verloren habe. Es ging darum, wer den größten Palmbuschen am Palmsonntag zur Kirche trägt, dem muss der Verlierer drei Lutscher geben. Gegen den riesigen Palmbuschen vom Pauli hatte ich keine Chance, obwohl mein Drei-Meter-Buschen für die damaligen Verhältnisse riesig war. Der Pauli hat aber großzügig, wie er immer war, auf die drei Lutscher verzichtet. Die waren 45 Pfennige wert, für mich damals ein kleines Vermögen.

Hierher gehört auch die Geschichte von den Kohlköpfen der Pfarrersköchin Burgl. Die hatte im Pfarrersgarten unter anderem einige Kohlköpfe wachsen lassen. Die waren so prächtig, dass sie eines Nachts abhandengekommen sind. Am Sonntag darauf hat der Pfarrer dies in der Predigt erwähnt und gebeten, man möge doch die Kohlköpfe zurückgeben. Am Sonntag darauf war vor der Kirche ein Transparent aufgestellt worden, auf dem zu lesen war: „Wer auf Gott vertraut, der braucht kein Kraut“.

Hinter der Kirche waren früher die Wiesen des Bauern Astl, die heute mit Häusern bebaut sind. Auf diesen Wiesen fanden in den 50/60er Jahren mehrmals jährlich Märkte statt, auf denen Haustiere aller Art, vor allem Pferde und Kühe, gekauft und verkauft wurden. Hier trafen sich die Bauersleute aus dem gesamten Inntal zum Handel. Schade, dass diese Zeit für immer vorbei ist.

Am alten Schulhaus von Degerndorf angekommen, hier steht noch alles so wie damals, erzählte ich die Geschichte vom Schulfreund Krauterl (er hieß eigentlich Sepp, aber wir nannten ihn Krauterl, weil er der Sohn vom Gärtner Brandmeier war), wie es ihm ergangen ist mit dem Apfelbutzen, während eines Völkerballspiels im Pausenhof. Den Krauterl störte der Apfel in der Hosentasche. Er biss während des Spiels einmal ab und behielt den restlichen Apfel im Mund. Dabei rann ihm der Apfelsaft aus den Mundwinkeln das Kinn hinunter. Das hat ihn so gestört, dass er den Apfelbutzen quer über den Pausenhof auf die Wiese des Bauern Astl geworfen hat. Dort hat sich der Apfel dann in lauter Einzelteile zerlegt. Das hat unser Lehrer gesehen und uns zusammengerufen und gefragt, wer denn das gewesen sei. Aber wie immer hat sich von uns niemand dazu bekannt. Auf das nochmalige Nachfragen des Lehrers, jetzt schön ärgerlicher, hat dann der Krauterl dem Lehrer von hinten auf die Schulter geklopft und mit seiner piepsigen Stimme gerufen „Herr Lehrer, ich wars“. Unser Lehrer hat dann den Krauterl zusammengestaucht und ihn die Apfelbrösel aufkehren lassen. Aber das Völkerballspielen wurde uns nicht verboten.

Da die Zeit schon fortgeschritten war, es war schon kurz vor 1:00 Uhr, wanderten wir an der Ägidius-Kirche vorbei zurück zu unseren PKW am Bahnhof. Von dort aus fuhren wir nach Flintsbach und kehrten beim Dannerwirt zum Mittagessen ein. Es gab vorzügliche Speisen und wir blieben einfach sitzen. Gegen 15:00 Uhr beendeten wir unsere Einkehr und fuhren gesättigt und zufrieden mit dem Wandertag nach Hause.

 

Martin Fürbeck


Viel hat sich verändert entlang des Weges in den vergangenen 50 Jahren...


Am Bach stand früher ein dichter Wald - ein Sturm hat alles verändert.